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Transaktionsanalyse:
Thats live, thats Jazz... Mein Atem stockte, mein Herz klopfte. Das kann doch gar
nicht sein! Der sieht ja aus wie... Diese frappante
Ähnlichkeit, der gewaltige Schädel, die grossen
Ohren, die Brille - und die Pfeife in der Hand. Allen Mut
zusammen nehmend ging ich näher und fragte unsicher und
zögerlich: «Hallo, darf ich Sie etwas fragen? Sie
sehen aus wie...?» Der Kopf des Unbekannten fuhr herum. Verdutzt und etwas
mürrisch nahm er mich in seinen Blick, sah mir direkt
in die Augen und brummte abwehrend: «Wieso sehen Sie
mich? Wer sind Sie?» Verwirrt und etwas verlegen
stotterte ich herum. Seine Hand mit der Pfeife fuhr auf mich zu: «Sagen
Sie nichts... Kommen Sie mit!» Er packte mich am Arm
und zog mich in eine stille Ecke. Dann sah er mich lange
prüfend an, mit einem fragenden und zweifelnden Blick,
dabei zog er so heftig an seiner Pfeife, dass sein Gesicht
fast hinter den Rauchschwaden zu verschwinden drohte:
«Was war ihre Frage?». «Sie sehen aus wie Eric Berne...». Jetzt war es
draussen! Cool und lakonisch kam die Antwort:
«So ist es,
ich bin Eric Berne.» Und nach einer kurzen Pause,
brummte er besänftigend, «Nur ruhig, ich bin hier,
weil's mich interessiert, was hier läuft. Ich will
sehen, was aus meinen Ideen geworden ist. Dass Sie mich
sehen, kann ich mir nicht erklären... Aber gut, reden
wir.» Grundsätzlich soll für alle neuronalen
Zellen und Netze gelten: Je mehr sie gebraucht
werden, umso lebhafter werden sie. Lebhafter heisst, sie
feuern stärker, indem mehr Botenstoffe
ausgeschüttet werden. Sie werden empfindlicher,
sprechen auf feinere Reize an. Sie können
eigenständig wachsen, indem sie sich mit anderen Zellen
zusammenschliessen, wenig oder nicht benützte Zellen in
ihr Netz integrieren. Und &endash; das Gehirn
kann wachsen, indem durch die Ausschüttung von
Wachstumsstoffen neue Gehirnzellen entstehen. Schacter
geht in seinem Buch «Wir
sind Erinnerung» einer interessanten Frage
nach. Vorausschicken muss ich, dass der Autor zwischen zwei
Gedächtnisarten unterscheidet: Dem expliziten
Gedächtnis, für Ereignisse, an die wir uns
erinnern. Und dem impliziten Gedächtnis, das unsere
Wahrnehmungen, Gedanken und Handlungen durch nicht bewusste
Erinnerungen an frühere Erlebnisse beeinflusst. Die Frage: Kann jemand eine Information aus einem
früheren Erlebnis abrufen, ohne sich bewusst zu sein,
dass es sich um eine Erinnerung handelt? Dazu arbeitete er
mit Leuten, die sich nicht mehr erinnern konnten, was sie
kurz vorher gesagt oder getan hatten. Dazu legte er ihnen
Sätze vor wie «Der Heuhaufen war wichtig, weil die
Seide riss». Mit dem nachträglich gelieferten
Schlüsselwort «Fallschirm» entstand dann erst
der Sinn. Interessant war: Das Schlüsselwort wurde
später wieder gefunden, rekonstruiert - ohne dass sich
die Leute bewusst waren, diese Aufgabe schon einmal
gelöst zu haben. Er nannte diesen Effekt
«Priming» (to prime; bahnen, eine Spur legen). In
diesem Falle vermutet er einen konzeptuellen-begrifflichen
Priming-Effekt. Er kommt zum Schluss: Man könne also im
guten Glauben sein, Urheber einer neuen Melodie zu sein,
ohne zu merken, dass man diese schon früher gehört
habe. Diese Priming-Effekte verifizierte er später mit
einem Lernprogramm für Amnesie-Patienten. Mit der
Methode «Schwindende Reize» (z.B. Fall......,
....schirm, F...s....m) wurde der Priming-Effekt so oft
verstärkt, bis das Verständnis der Satz-bedeutung
auch ohne Hinweisreiz dauerhaft da war. Die impliziten Netzwerke, scheinen also phantastische
Fähigkeiten zu besitzen. Vielleicht lernen wir
öfters als wir denken, auf diese Art. Intuition,
Kreativität könnten auch mit solchen
Priming-Effekten, mit der Wahrnehmung zusammenhängen:
Aussenreize lassen bestimmte implizite Netzwerke anspringen
und lösen entsprechende Empfindungen aus. Diese
könnten dann, wenn explizit und bewusst wahrgenommen,
zum Gefühl «etwas stimmt hier nicht» oder zu
einer Idee, einer Komposition werden... Das implizite Gedächtnis reagiert auf
Aussenreize. Und es besitzt scheinbar eigene
Fähigkeiten, seine Netze zu organisieren. Diese
Aktivität verändert die «Struktur», den
«Innenreiz». Und diese Mischung ist dann das
Grundrauschen, die Melodie, die spontane Handlung,
vielleicht auch unbewusste
«Lernfähigkeit». Man könnte auch sagen, das implizite
Gedächtnis ist das «Hier-und-Jetzt-Netzwerk».
Ein Jazzmusiker hat sein Ding so oft geübt und in den
Fingern, dass diese Rhythmen, Melodien, Phrasierungen,
Breaks in Fleisch und Blut übergangen sind. Die bringt
er noch im Schlaf. Ein Kick, eine Emotion - schon sprudelt
er los... Hingegen seien Gefühle produzierte Inhalte
unseres expliziten Gedächtnisses und stünden dann
als neue Engramme zur Verfügung. Gefühle haben
also eine konstruierte Qualität. Zum Beispiel: Das Bild
einer in sanftes Licht getauchten Flusslandschaft, wo der
Nebel über den Fluss und die angrenzenden Felder
streicht und ein Fischer am Wasser steht. Welche
Gefühle können dabei entstehen? Trauer, Wehmut,
Nachdenklichkeit, freudige, schmerzliche Erinnerungen usw.
Eine breite Palette von Empfindungen werden abgerufen und zu
einem Gefühl komponiert. Um im Musikbild zu bleiben: Die Idee für das
gemeinsame Werk bekommt eine Richtung, ja man könnte
sagen, ein Bewusstsein... Und hier läge die
Übergangszone zwischen implizitem und explizitem
Gedächtnis. Eine, mehrere Empfindungen werden zu einem
Gefühl - oder zu einem
«Bedeutungs-Netzwerk». Zuständig dafür seien Konvergenzzonen in
unserem Denkapparat. Diese Zonen sind so etwas wie Kontext-
und Bedeutungs-Suchmaschinen. Und sie wären wie alle
neuronalen Netze fähig, sich zu entwickeln, sich mit
anderen Kontexten zu verbinden - einen
«Super-Kontext» zu bilden... PS: Nochmals, dieses Erlebnis und das Gespräch
hat nicht wirklich stattgefunden. Es ist meinen Gedanken und
Überlegungen entsprungen &endash; jedoch, auch hier
kann ich mir, nach allem was besprochen wurde, nicht ganz
sicher sein. Welche Strukturen und Netzwerke daran beteiligt
waren; darüber kann ich nur Vermutungen anstellen. Aber
eben: Thats Jazz! (Zurück)
Die Interview-Form bedingt eine unvollständige,
verkürzte Darstellung der Themen. Die «Eric
Berne» in den Mund gelegten Worte entsprechen meinem
Verständnis und Kenntnisstand. Dieser Hinweis ist
insofern bedeutsam, als ich nicht die ganze Breite der
heutigen Erkenntnisse und Theorien überblicken kann; an
der Diskussion als Autodidakt teilnehme - in der Art, wie
dies Verena Steiner im Buch «Exploratives Lernen»,
Pendo, dargestellt hat. Diese wäre sicher zu diskutieren. Helmut Walter, ein
deutscher Philosoph, definiert die verschiedenen
Gedächtnissysteme anders: Vom Instinktgedächtnis
(z.B. Reflex) über Emotio-Gedächtnis
(Empfindungen) und weiter zum Verstandes-Gedächtnis
(«Was-soll-ich-nun-Tun-Netzwerk). Dies drei vernetzten
Gedächtnissysteme würde ich dem
«Hier-und-Jetzt-Netzwerk» zurechnen. Als
reflexivstes Gedächtnissystem nennt Walter
schlussendlich das Vernunft-Gedächtnis
(«Bedeutungs-Netzwerk»). Die Übergänge
könnten nicht harte Grenzen, sondern
Übergangszonen sein. (Die in Klammer gesetzten Begriffe
sind von mir). Auch diese Überlegungen sollte man
weiter verfolgen... (Zurück)
Engramme - oder welche Songs könnten in unseren
impliziten Netzen gespielt werden Was eigentlich über das Explite,
Ausdrückbare hinausgeht &endash; Harry Tryangiel, Einführungsreferat «TA
wirkt... und alles wird gut», Birger Gooss, Freiburg i. B., Claude Steiner «Wie man Lebenspläne
verändert», dtv Daniel L. Schacter Oliver Sacks schreibt: «Als genauem und zugleich
poetischem Betrachter ist Schacter eine originelle Synthese
gelungen, die die aktuellen Forschungsergebnisse
zusammengefasst und ein ergreifendes Bild von der "fragilen
Macht" des Gedächtnisses zeichnet.»
(Umschlagstext). Wolfgang Pohl Helmut Walter Philosophie-Seite von Helmut Walter, Nürnberg: Hans Förstl Paul Watzlawick, John H. Weakland, Richard
Fisch Caroline Elliacheff Douglas R. Hofstadter Werner Stangl, Pädagogische Universität
Linz Über Google-Suche: bbloosli
Anmerkungen
Musik
Quellen
Dieser Text wird in
der der «Zeitschrift für Transaktionsanalyse»
, Jungfermann-Verlag, erscheinen.
WEITERE INFOS
Gedächtnis-Stichworte
Gehirn
und Gedächtnis
Transaktionsanalyse
Schichten
und Dynamik der
Persönlichkeit
Freud
- Sex - Oedipus
Weitere
TA-Site
Vom 13.-14. März 2004 war ich zum ersten Mal am
Kongress der Deutschschweizer TA-Gesellschaft (DSGTA)
dabei. Unter dem Kongress-Thema «TA wirkt» wurde
ein vielfältiges Programm mit Lernstätten und
Vorträgen angeboten, die eine befruchtende
Auseinandersetzung mit dem breiten Wirkungsfeld der
Transaktionsanalyse ermöglichte. Und ein
«unwirklicher» Tagtraum machte das Ganze zu einem
unvergesslichen Ereignis.
Kaffeepause. Ich liess meinen Blick über die
illustre Runde schweifen und blieb an einer Gestalt
hängen, die etwas abseits und im Halbdunkel das
Kongressprogramm studierte.
Und dann begann ein Traum-Gespräch, das ich wohl nie
vergessen werde.
RL: Was denken Sie, wie sich die TA weiter entwickeln
wird?
EB: Total spannend finde ich die Entwicklungen und
Resultate der neurobiologischen
Forschung. Mich haben damals die Arbeiten von
Penfield bei der Erarbeitung der Skript-Idee
stark inspiriert. Was ich darüber gelesen sowie gestern
und heute erfahren habe, bestärkt mich darin. Ich denke
darüber nach, welche Auswirkungen die heutigen
Forschungsresultate und Theorien aus der
Neuro-Wissenschaften auf die TA-Konzepte haben, bzw. wo und
wie diese Konzepte erweitert und angepasst werden
könnten...
RL: Haben Sie hier schon Ideen?
EB: So, wie ich es bis jetzt verstanden habe, bietet die
neurologische Forschung Indizien dafür, dass diese
«saubere» Ortung von Erinnerung existiert, wie wir
das im Strukturmodell
zweiter Ordnung dargestellt haben.
Gedächtnisbruchstücke werden in Mini-Netzwerken,
sogenannten Engrammen,
abgelegt. Erinnerungsinhalte bezüglich Erlebnissen mit
Personen hätten dann - wenn man sie genau orten kann -
wirklich Namen und Adresse.
RL: Alte und neue Erinnerung könnten sich damit also
vermischen?
EB: Um alte Erinnerungen herum gruppieren sich weitere,
die dann auch zu diesem Mini-Netzwerk gehören. Und
&endash; man könnte wirklich vergessen, Erinnerungen
verlieren, weil nicht benutzte Gehirnzellen von anderen
Mininetzwerken quasi erobert und umgebaut werden.
RL: Ihr Schüler Claude Steiner beschrieb in seinem
Buch «Wie man Lebenspläne verändert»,
wie damals die wöchentlichen Zusammenkünfte bei
Ihnen abliefen. Dies sei so etwas wie «gemeinsam Jazz
machen» gewesen...
EB: Ja, beim Jazz ist vieles offen. Improvisation,
aufeinander hören, miteinander einer Idee, einer
Melodie, einem Rhythmus folgen, aus einem Rhythmus einen
neuen entwickeln... Was erfolgt dabei bewusst? Was entsteht
dabei aus dem Moment heraus?
RL: Hier sind wir dann bei den Emotionen...
EB: Ja, es scheint, dass Gefühle ein zentrale Rolle
bei der Sache spielen: Entweder aktivieren oder - scheinbar
fundamental wichtig - hemmen sie. Die Forscher machen dabei
aber eine Unterscheidung zwischen Emotion/Empfindung und
Gefühl. Empfindungen haben direkt mit dem impliziten
Gedächtnis zu tun, insbesondere auch mit
körperlichen Reaktionen, mit der Ausschüttung von
Botenstoffen und Hormonen. Also zum Beispiel Flucht oder
Kampf, Erstarrung oder Bewegung.
RL: Irgendwie spielen also die Musiker auf der Bühne
alle wild durcheinander, beeinflussen sich gegenseitig - und
zeitgleich entsteht eine gemeinsame Konstruktion, eine
Bedeutung?
EB: Ja. Zum einen bleiben die Jazz-Musiker strikt auf
einer gedachten Linie, halten den Rhythmus, die Stimmung,
das Bild - und sie loten die verschiedenen Facetten der
Bedeutung ihres Werkes aus. Wie beim Gefühl kann also
die Bedeutung eine konstruierte Qualität annehmen -
übrigens nicht nur bei den Musikern, sondern auch bei
den Hörern, die dieses Werk ab CD hören. Live
gespielt, ist der Kontext jedoch nochmals anders
gefärbt - und damit kann wieder völlig Neues
entstehen. Das ist ja gerade das spannende, reizvolle am
Jazz!
RL: Jetzt sind wir wieder fast am Anfang unseres
Gespräches und der Frage: Was bedeutet dies alles
für die Entwicklung der Transaktionsanalyse?
EB: Wer weiss das schon genau. Vielleicht wäre es
gut, nochmals bei den Überlegungen anzuknüpfen,
die die Basis für die Entwicklung der
Transaktionsanalyse waren:
Also beim psychoanalytischen Ansatz oder dem Punkt, dass es
Bewusstes und Unbewusstes gibt. Und damit verbunden, der
Idee, dass es sinnvoll ist, behindernde unbewusste Inhalte -
vielleicht auch nur die Ergebnisse davon - bewusst zu machen
und so zu bearbeiten, damit sie die Menschen nicht mehr
belasten. Oder - vielleicht wäre das auch eine Idee -
die impliziten Netze sogar direkt, im Sinne eines
«Neu-Priming-Effektes», aktiv neu zu
organisieren...
Heute bieten die Neurowissenschaften eine Fülle von
Modellen, wie unser Geist, wie Erinnerung funktionieren
könnte. Anknüpfen könnte man an zwei
Überlegungen: Beim Modell des impliziten
Gedächtnisses. Und dann bei der Frage, wie das
explizite Gedächtnis, die Konvergenzzonen mit den
impliziten Inhalten zusammenarbeiten.
TA ist aus der systematische Beobachtung von
Transaktions-phänomenen entstanden, insbesondere auch
in den Spielen. Es könnte sinnvoll sein, die Sache
nochmals mit einer erweiterten Brille anzuschauen. Welche
neuen Methoden wären daraus zu entwickeln? Wie
wären bisher erfolgreiche Methoden genau einzusetzen?
Und weiter: Die Modelle Ich-Zustände, Skript,
Skriptapparat... Wo und wie funktioniert was und warum?
Welche neuen Metaphern wären hilfreich, die Sache zu
erklären?
Diese komplexe Aufgabe kann von einzelnen Menschen
schwerlich bewältigt werden. Wie wäre es, wenn
sich die «TA-Gemeinde», wie andere Wissensgebiete,
auf einen gemeinsamen Forschungsplan einigt, um die
Grundlagen und Modelle zu überdenken und weiter zu
entwickeln - sich die TA gezielt mit dem wissenschaftlichen
Umfeld vernetzt. Damit würde ein übergreifendes
Denk-Netzwerk, eine neue Konvergenzzone entstehen. Das
wäre eine faszinierende Entwicklung. Am liebsten
würde ich mich sofort dahinter klemmen...
RL: Wird dann die TA nicht zu einer abgehobenen
Wissenschaft?
EB: Zu wissen, was man tut, kann nicht schaden. Die
humanistischen Wurzeln bleiben trotzdem. Wir knüpfen an
den Alltagserfahrungen der Menschen an, stellen uns den
realen Herausforderungen in einer mitfühlenden und
staunenden Haltung; suchen nach praktischen,
funktionierenden Lösungen - und betreiben gleichzeitig
auf «marsische» Weise Aktionsforschung.
Für mich gilt aber immer noch:
Zuerst heilen, dann
analysieren! Heute würde ich vielleicht
sagen: Nach der Heilung denken wir darüber nach, wie es
möglicherweise funktioniert hat... In meiner Einleitung
zum Buch «Was sagen Sie, nachdem Sie guten Tage gesagt
haben» habe ich sinngemäss geschrieben:
Helfen wir den Leuten, den für sie hinderlichen Ballast
abzuwerfen, damit sie locker
«Guten Tag» sagen können und
die Begegnung mit dem Gegenüber als nie mehr
wiederkehrendes, einmaliges Ereignis empfinden. Dies
müsste aufgrund meiner vorherigen Überlegungen
implizit, also fast automatisch geschehen. Aktiv wäre
dann das «Hier-und-jetzt-Netzwerk». Hier gibt es
keine Hintergedanken, macht man sich keine Sorgen, sondern
reagiert geradeheraus und schnell darauf, was ist...
Solches wäre zu erlernen mit üben, üben und
nochmals üben. Wie? Indem man den ins
«Bedeutungs-Netzwerk» geholten impliziten
Inhalten, die allenfalls neu bewertet werden müssen,
sinnvolle und angemessene Bedeutungen gibt. Wenn diese in
Fleisch und Blut übergegangen sind, kann das Ganze
wieder vertrauensvoll ins
«Hier-und-Jetzt-Netzwerk» zurückgegeben
werden.
Von Zeit zu Zeit müsste man wohl über die
Bücher gehen. Der Begleiter oder Therapeut kann hier
helfen, indem er sich, explizit-implizit, in meinen Worten
«marsisch» verhält. Dies bedeutet, eine
neugierige, offene, forschende Haltung einzunehmen - sich
wundern zu können...
Den Gruss «Guten Tag»
zu erwidern: Im Prinzip das Gleiche wie oben;
jedoch mit dem Gewicht darauf, wirklich anzunehmen, dass
auch die andere Person sich im
«Hier-und-jetzt-Netzwerk» befindet, also einfach
«Guten Tag» gesagt hat...
Nachdem man «Guten
Tag» gesagt hat, kann man plaudern, also
Zeitvertreib spielen («Hier-und-Jetzt-Netzwerk»)
oder aber warten! Darauf warten, ob dem
«Bedeutungs-Netzwerk» etwas einfällt.
Fällt einem wirklich etwas «Sinnvolles» ein,
was sich zu sagen lohnt - die Konvergenzzonen würden
zum Beispiel nach Gefühlen und Bewertungen in Bezug auf
Macht und Ohnmacht, Freiheit und Anpassung, siegen und
verlieren, Leben und Tod usw. suchen - dann könnte es
sein, dass ein bekanntes Stück auf eine neue Art
interpretiert wird oder eine neue Komposition
entsteht...
Ein Abenteuer, das nicht ohne Risiken ist. Man entdeckt als
Musiker seine technischen Grenzen und Vorstellungslimiten,
kann anderen Ideen nur schwer folgen, oder umgekehrt wollen
andere Musiker mit meiner Improvisationslinie nicht
mitgehen.
Dann muss man halt wieder allein oder gemeinsam üben:
Bewusste Sensibilität, Intuition,
Einfühlungsvermögen. Lernen, auf kleinste Nuancen
und Bewegungen zu achten. Und dann fein, überraschend,
witzig oder wie auch immer darauf reagieren...
Nach dem Üben kann der Jazz-Musiker einfach wieder
spielen; hat die Sache im Gefühl. Auf zu neuen
Erfahrungen! Thats live, thats Jazz!
RL: Faszinierend! Noch eine letzte Frage...
EB: Stop! Nun ist's genug. Ich hab noch zu tun...
Rasch erhob er sich, gab mir zum Abschied die Hand und
entschwand in der Runde der Kongressteilnehmer, die sich zur
Kaffeepause versammelt hatten. So long! Dann erwachte ich
und rieb mir die Augen...
_____________________________
(Zurück)
Anmerkungen
Die Metaphern «Hier-und-Jetzt-Netzwerk» als
Bezeichnung für die impliziten Netzwerke sowie
«Bedeutungsnetzwerk» für die expliziten
Netzwerke sind bei der Erarbeitung des Textes entstanden
&endash; hier habe ich mich von Schacters Thesen inspirieren
lassen.
______________________
Schacter ist bezüglich der Bewusstheit und
Unverfälschtheit der Erinnerungen eher skeptisch. In
seiner Einleitung schreibt er «Was wir heute über
die Einspeicherung und den Abruf von Gedächtnisinhalten
wissen, reicht aus, um einen weiteren alten Mythos zu
zerstören; nämlich den, dass Erinnerungen passive
oder wortwörtliche Aufzeichnungen der Wirklichkeit
seien...» Und weiter unten merkt er an: «Zu diesen
Eigenschaften (...des Gedächtnissystemes) gehört
ganz wesentlich, dass wir die Erinnerungen an Ereignisse,
die gerade stattfinden, nicht von solchen trennen
können, die früher passiert sind...» (Seite
22). Vielleicht kommt er aufgrund dieser Einschätzungen
auf die drastisch wirkende Unterscheidung von expliziten und
impliziten Gedächtnis.
_________________________ (Zurück)
Musik, die der Tagträumer beim
«Gespräch» im Hinterkopf gehabt haben
könnte:
The John Cage Tribute: «A Change Operation», Koch,
1993
Zeitvertreib: Intelligentes, unterhaltsames
Plätschern
Dave Brubeck: Take five, Kathy's Walz, auf
«Greatest Hits», Comanion
Zuerst tönt es wie Plätschern, dann wie ein
Gespräch
Chick Korea, Herbie Hancock, Keith Jarrett, McCoy
Tyner:
Zum Beispiel der Titel «Doom», von Ron Carter,
Bassist; auf Atlantic
Witzig und kontaktvoll miteinander reden
Lester Bowie's Brass Band Fantasy: I Only Eyes For You;
ECM
Spannende Gespräche: Starkes, vibrierendes
Fundament
(Basslinie), witzigen Wendungen, Freiheit und
Disziplin
Charles Mingus: Pithecantropus Erectus; Accord
Wie aus wenig viel entstehen kann
Miles Davis: Kind of Blue; Columbia
Spannende Selbstgespräche - ein Blick auf eine nach
aussen gestülpten Seele &endash; und die Suche nach
Bedeutung
Keith Jarrett: The Köln Konzert, Dark Intervalls;
ECM
Die fliessende Grenze zwischen Zeitvertreib und
Gespräch
John Scofield, Hal Garper, Wayne Dockery, Adam
Nussbaum;
Enja Records.
In der Zone zwischen Bewusst und Unbewusst - oder wenn
sich Seelen treffen, die ihre
«Hier-und-Jetzt-Netzwerke» optimal nützen
Thelonius Monk/John Coltrane: Jazz-Classics,
Riverside
oder die Tiefe, der Schauer, die Kraft, das Geheimnis des
Lebens
John Surmann Quartet: Stranger Than Fiction; EMC.
Jarrett, Redman, Haden, Motian: The Survivers' Suite;
ECM
_______________________________
(Zurück)
Quellen: Erlebnisse und Literatur
DSGTA-Kongress 2004.
Lernstatt «Die wissenschaftlichen Grundlagen der
TA»,
DSGTA-Kongress 2004.
In «Das Skript von Eric Berne» erzählt
Steiner, wie diese wöchentlichen Zusammenkünfte
mit Eric Berne abliefen.
«Wir sind Erinnerung, Gedächtnis und
Persönlichkeit», rororo, 2001
Buchbesprechung zu Damasio «Ich fühle, also
bin ich»
Über Google-Suche: (http://members.aol.com/GKP2/pohl3.htm)
Buchbesprechung zu Damasio «Ich fühle, also
bin ich»
Über Google-Suche: (http://home.t-online.de/home/HelmutWalther/dam_rez.htm)
(http://home.t-online.de/home/HelmutWalther/)
«Biologische Korrelate psychotherapeutischer
Interventionen»
In Psychotherapie, 2002, Band 7, Heft 2
«Lösungen. Zur Theorie und Praxis des menschlichen
Wandels»
Hans Huber
«Das Kind, das eine Katze sein wollte.
Psychoanalytische Arbeit mit Säuglingen und
Kleinkindern», dtv
«Metamagicum. Fragen nach der Essenz von Geist und
Struktur»,
Text zur Kreativität, Seite 259-271; Klett-Cotta
«Der Einfluss des Musizierens auf das Gehirn»
(http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/GEDAECHTNIS/ModelleInhalt.shtml)
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